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25.10.2024

Marco Tribelhorn: „Durch Vertrauen konnte ich diese abartigen Sachen aus ihnen rauslocken“

In „The Red-Face Zone“ stürzen sich Jakob und Matthias Weger mit Ski und Snowboard in ärgste Rinnen in den Dolomiten. Als Hintergrund-Story in dem ironischen Psycho-Schocker dienen hochrote Köpfe und eine seltsame Krankheit. Wie dieser schräge Film zustande kam, erläutert Regisseur Marco Tribelhorn.

Marco Tribelhorn

Wie ist die Idee zu „The Red Face Zone“ entstanden?

Marco Tribelhorn: Matthias und Jakob wollten einen eher festivalmäßigen Film machen. Ihre Grundidee war, dass man richtig zornig sein muss, um in einer bestimmten „Zone“ in den Dolomiten fahren zu gehen. Sie haben mich gefragt, ob ich mir so ein Projekt vorstellen und Zeit investieren könnte, weil es noch keine Finanzierung gab. Und ich hab ja gesagt, weil ich die Idee ganz spannend fand, dass es spielfilmartige Szenen geben sollte und wir noch eine Geschichte dazu erfinden mussten.

Wie ist das Projekt konkret abgelaufen?

Wir haben mal darüber philosophiert, lamentiert und geredet, was die Geschichte sein soll, wie sich das Ganze umsetzen lässt – und über Szenen und Bilder. Dazu haben wir verschiedene Ideen gesponnen, warum man so zornig sein könnte: ob das eine Krankheit sein soll, oder ob man sich einfach ärgert, oder ob man sich bei anderen Menschen oder bei Tieren anstecken kann. Es gab also viele Möglichkeiten.
Danach haben wir das runtergebrochen und gesagt, wir filmen jetzt mal die Action, weil das können wir und da wissen wir ganz genau, was wir wollen. Und anhand von dem können wir weiter entscheiden, wie der schauspielerische Teil oder die Story aussehen. Das Skifahren haben wir im Januar gefilmt, die Story dazu Ende März.

Wie schwierig war es, die beiden zu motivieren, sich auch schauspielerisch zu versuchen?

Ich musste die beiden gar nicht groß motivieren, weil in der absoluten Grundidee schon irgendwie enthalten war, dass sie in irgendeiner Form schauspielern müssen – sonst könnte man ja das Ganze gar nicht erklären. Daher kam die Motivation wahrscheinlich von ihnen. Und beim Schauspielen geht es vor allem immer darum, den Leuten Selbstvertrauen zu geben. Das hilft am meisten, glaube ich.

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Welche Tricks hast du angewendet, um die beiden schauspielerisch so richtig aus der Reserve zu locken?

Grundsätzlich habe ich versucht, ihnen meine Vorstellung möglichst genau zu beschreiben, welche Emotionen, Stimmungen und Gefühle wir benötigen – also welchen geistigen und körperlichen Zustand wir da zeigen möchten. Und dann haben wir einfach mal drauflos gefilmt. Wenn was nicht gepasst hat, dann hab ich ganz leicht korrigiert. Das war mal das Grundsätzliche. Soweit ich mich erinnere, haben sie mir in der Hinsicht sehr vertraut.

Und wie sind die doch recht wilden Szenen entstanden?

Durch dieses Vertrauen konnte ich wohl auch diese etwas abartigen Sachen aus ihnen rauslocken. Da war der Trick, sie zu motivieren, dass sie das Schauspielern ernst nehmen und dann, wenn‘s so richtig extrem wurde, es eben wieder nicht zu ernst nehmen und versuchen, es positiv und locker zu sehen. Sie sollten nichts ins Grübeln kommen darüber und denken: „Was mach ich da gerade? Ich schrei da wie verrückt im Garten herum.“ Ich wollte, dass sie das möglichst normal machen – auf die Art: „Ich mach das halt einfach und finde es überhaupt nicht komisch, diese Situation jetzt herzustellen.“

Die Action-Sequenzen sind besonders spektakulär – was waren hier die größten Herausforderungen?

Das war für mich der am wenigsten herausfordernde Teil– rein filmerisch gesehen, weil ich glaube, dass ich das mittlerweile kann. Was für mich bei dem Shooting die größte Schwierigkeit war, dass neben mir als Kameramann noch eine Drohne und eine Race-Drohne dabei waren. Ich musste das also koordinieren und mich als Director hinstellen und sagen: „So hätt ich das gern, und du machst jetzt das.“ Man will sich ja gegenseitig nicht ständig im Bild stehen. Und da sind nicht alle gleich „picky“ wie ich. Ich hätte ja am liebsten, dass in keiner einzigen Szene eine andere Kamera zu sehen. Schon eine POV-Kamera (Point of View-Kamera – „Helmkamera“) nervt mich und finde ich sehr unschön. Aber da kommt man halt manchmal nicht so drum rum.

Was kam beim Dreh sonst noch so dazu?

Sonst geht es natürlich um den Umgang mit dem Material bei der Kälte. Dazu muss man aufsteigen und die Lawinensituation gut beurteilen. Man soll sich in die Gefahrenzone begeben, weil man schon auch diese Bilder aus der Nähe einfangen will, und trotzdem in Sicherheit sein. Und dann ist es auch eine Frage von mentaler und körperlicher Ausdauer, einfach durchzuhalten – und geduldig zu sein.

Bist du auf den Geschmack gekommen, weitere Spielfilm-artige Produktionen zu machen?

Ja definitiv. Es hat mir sehr Spaß gemacht, vor allem das Ausarbeiten der Szenen. Das ist ja ein Prozess, das einmal zu schreiben und herauszufinden, was man will – und dann das Ganze auch noch zu filmen. Was mir nicht so bewusst war – obwohl wir die Szenenbilder relativ strukturiert erschaffen und gefilmt haben: dass es ziemlich viel Arbeit ist, das so zusammenzustellen, dass ein Film daraus wird. Also von den ersten Bildern im Kopf bis zu dem, was dann auf der Leinwand zu sehen ist. Und ich habe ja auch das ganze Sounddesign gemacht, weil ich ja immer alles selber mache. Das war schon spannend und intensiv. Und es ist halt immer cool, mit Leuten zusammenzuarbeiten: ob das jetzt brutale Amateurschauspieler sind wie Jakob und Matthias oder Leute, die einem kreativ zur Seite stehen. Das hat alles großen Spaß gemacht.

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