Paul Schweller: „Sariri ist etwas anderes als ein klassischer Skifilm“
Für „Sariri“ musste Filmemacher Paul Schweller mit seiner Kamera bis auf knapp 6.000 Meter aufsteigen. Hier berichtet er, wie er sich auf diese einzigartige Reise in die Anden vorbereitet hat, was er von dort mitgenommen hat und warum dabei auch Themen wie Neokolonialismus eine entscheidende Rolle spielen.
Wie würdest du deinen Zugang zum Filmemachen beschreiben? Was treibt dich an und inspiriert dich?
Paul Schweller: Ich habe einen sehr dokumentarischen Zugang, denn ich erzähle gerne echte und authentische Geschichten. Wobei ja keine Geschichte komplett die Wahrheit wiedergibt, denn ein Film zeigt natürlich immer auch die Perspektive jener Person, die den Film macht. Aber ich will das nicht so in den Vordergrund rücken oder eine bestimmte Message rüberbringen, die ich mir vorher ausdenke. Klarerweise habe ich eine Intention beim Machen des Films, aber ich will da jetzt nicht pädagogisch sein, sondern es wäre schön, wenn die Leute vom Film etwas mitnehmen – und jeder gern auch etwas anderes. Das finde ich spannend, wenn man verschiedene Menschen ansprechen und auch emotional bewegen kann –und vielleicht sogar ein wenig verändern kann, zum Beispiel, wie sie über gewisse Sachen denken.
Wie hast du dich auf die extremen Bedingungen auf 6.000 Metern in den Anden vorbereitet?
Ich habe mich gar nicht so extrem oder spezifisch darauf vorbereitet, sondern generell den Sport gemacht, den ich auch sonst mache. Natürlich waren wir vorher viel in den Bergen, um die nötige Grundfitness zu haben. Aber auf diese Höhe kann man sich bei uns nicht richtig vorbereiten. Daher war eine längere Akklimatisation vor Ort essenziell, und wir blieben relativ lang in La Paz, weil die Stadt schon auf rund 4.000 Metern liegt. Dort konnten wir uns langsam akklimatisieren. Dazu machten wir drei Wanderungen auf 5.000 bis 5.500 Meter. Und deshalb ging es dann echt ganz gut auf den höheren Bergen.
Bis auf welche Höhe bist du mit der Kamera aufgestiegen?
Am Huayna Potosi in Bolivien war es der höchste Punkt. Da war ich auf knapp 6.000 Metern. Bei den anderen Bergen war ich so auf 5.700, 5.800 Metern. Das fühlt sich schon cool an, aber in der Situation merkt man gar nicht so stark, dass man in dieser Höhe ist und die Kamera mitschleppt. Schwieriger war, das Ganze vorzubereiten und sich zu fragen, was nehme ich mit. Dazu noch zwei Camps zu machen, bevor man zum Gipfel aufsteigt – und das zu planen, dass man technisch alles dabeihat, alles geladen ist und auch genügend Akkus vorhanden sind.
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Was waren sonst die größten Herausforderungen während dieser Produktion?
Wie schon gesagt, auf jeden Fall die Frage, was nehme ich an technischem Equipment mit: Akkus, SD-Karten, Objektive. Da muss man immer abwägen, weil man ja auch nicht zu viel Gewicht mitschleppen will. Ansonsten war’s relativ reibungslos. Die Planung vor Ort haben vor allem die beiden lokalen Guides Christian und Sergio übernommen. Eine Herausforderung war noch, dass wir zwei Berge gemacht haben, wo wir nicht wussten, ob das überhaupt möglich ist, dort zu fahren. Wir waren ja relativ früh in der Bergsaison dort, daher gab es noch keine Berichte oder Bilder zur Schneelage. In Bolivien waren die Bedingungen ganz gut, auch wenn wir für die Zeit sehr wenig Schnee hatten. In Peru war es deutlich schlechter, dort konnten wir einen Berg gar nicht machen, weil es zu warm war. Die Schneelage war also die größte Herausforderung.
Was macht dich besonders zufrieden, wenn du das Projekt rückblickend betrachtest?
Das kann ich noch gar nicht sagen, weil ich noch zu nah an allem dran bin. Fein wäre, wenn die Leute merken, dass wir etwas anderes als einen klassischen Skifilm gemacht haben. Bei uns ist es in den vergangenen Jahren ja auch immer stark ums Skifahren gegangen. Das wollte ich diesmal bewusst reduzieren und den Fokus mehr auf die Menschen und die Persönlichkeiten legen – und auf größere Themen, wie etwa den Neo-Kolonialismus. In der Ski Bubble hat man sonst oft diese klassischen Expeditionsfilme im Kopf. Daher wollte ich diesmal auch hinterfragen, was der Sinn oder der Reiz ist, um die halbe Welt zu fliegen, um dort Ski zu fahren oder sogar eine Erstbefahrung zu machen. Und wenn das irgendwie rüberkommt und eine breitere Masse anspricht, würde mich das sehr zufrieden machen.
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