Samuel McMahon: „Snowboarder werden dir immer einen dummen Scheiß erzählen“
Samuel „Sam“ McMahon lebt und arbeitet seit vielen Jahren in den französischen Alpen. Sein neuer Film „Left Right – A Film About Turning“ sorgt für Staunen, Gänsehaut und den einen oder anderen Lacher sorgen – und bleibt dabei immer am Boden.
Sam, wie kommt man auf die Idee, einen Film „nur“ übers Kurvenfahren zu drehen?
Samuel McMahon: So viele Produktionen nutzen das Snowboarden, um irgendeine Geschichte zu erzählen. Wir wollten die Ausgangssituation umdrehen und eine Geschichte über das Snowboarden erzählen. Im Film geht es um die Liebe unserer Crew zum Snowboarden und nicht nur darum, verrückte Bilder und Stunts zu zeigen. Obwohl wir hoffentlich auch ein paar dieser Momente auf die Leinwand bringen können …
Warum sind die Turns – und damit der Film – für dich so wichtig?
Das Kurvenfahren ist essenziell fürs Snowboarden. Es verbindet uns alle, egal, ob Anfänger oder Veteran. Wenn du zum ersten Mal auf einem Brett stehst, musst du sofort lernen, einen Turn hinzubekommen. Im Park wiederum bringst du dich mit Set-Up-Turns vor dem Absprung in die richtige Position. Und beim Freeriden kann ein Turn in letzter Sekunde tatsächlich den Unterschied zwischen Leben und Tod machen.
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Du bist selbst Snowboarder. Was fasziniert dich persönlich am Kurvenfahren?
Wir sprechen immer davon, dass das Markenzeichen eines Snowboarders sein Method ist. Aber für mich ist es etwas Grundlegenderes, nämlich die Kurve. Das ist das, was du als Snowboarder und als Mensch bist, und zwar so, dass es die Leute sehen können. Im Film ist Kaori (Anm.: Kaori Terabayashi) leichtfüßig und verspielt, Sebby (Sebsastian Konijnenberg) ist technisch versiert und anpassungsfähig, Lewis (Lewis Sonvico) ist locker und entspannt, bis zu dem kritischen Moment, in dem er richtig Gas gibt. Ich denke, diese Momente zeigen ein wenig von dem, was diese Leute ausmacht.
Kannst du beschreiben, wie sich eine perfekte Kurve für dich anfühlt?
Ich glaube, ich weiß es selbst noch nicht. Ich bin in den vergangenen zehn Jahren mehr als 100 Tage pro Saison am Brett gestanden, also bin ich wohl Hunderttausende von Kurven gefahren. Aber ich habe nur zwei oder drei Momente im Kopf, wo ich glaube, dass ich nahe an der Perfektion dran war. Ich schätze, für die perfekte Kurve braucht man die richtige Zeit, den richtigen Ort, die richtigen Leute, die richtigen Bedingungen und das richtige Licht – und vielleicht die Erfahrung von einer Million Kurven, die man vorher gefahren ist.
Apropos Erfahrung: Welche Erkenntnis hast du selbst aus der Produktion von „Left Right“ gewonnen?
Dass es komplett egal ist, wie kunstvoll oder tiefgründig man sich mit einem Thema beschäftigt: Wenn man eine Kamera auf einen Snowboarder richtet, wird er dir letztendlich immer irgendeinen dummen Scheiß erzählen. Das ist das Schöne an diesem ganzen Projekt: Das Drehen und Snowboarden bedeuten uns so viel! Aber wir alle wissen, dass es ebenso trivial und unwichtig wie flüchtig ist. Wenn ich meinen Job richtig gemacht habe, wird das auch auf der Leinwand rüberkommen.
Und welche Erkenntnisse sollen die Zuschauer im Optimalfall aus dem Film mit nach Hause nehmen?
Ich denke, dass sie ihre eigenen Erfahrungen auf der Leinwand wiederfinden werden. Ein Thema des Films ist die Überwindung jener Kluft, die oft zwischen den verrückten Bildern, die man normalerweise in solchen Filmen sieht, und den Erlebnissen, wenn man sich selbst so ein Brett an die Füße geschnallt hat.
Link zu Sam: www.samuelmcmahon.com
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