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30.09.2022

„In der Schule hat man mich bei Neuschnee nicht angetroffen“

Auch wenn er nicht immer das reine Gaudischwammerl ist: Bernhard Braun zeigt mit „Sinner Fields“ den lustigsten Freeride-Film des Jahres. Im Interview erzählt er uns in perfektem Hochdeutsch-Bayerisch-Englisch-Mix, wie er auf die Idee seines komödiantischen Saisonrückblicks gekommen ist, was die beste Investition seines Lebens war und wie wichtig das Bierchen nach einem feinen Powder-Tag ist.vor der Kamera so offen zu sprechen, wie zweischneidig die Rolle als Vorbild ist und warum sich die nächste Generation besser in die Welt der Risiken hinein entwickeln kann.

Bernhard Braun und sein Hubsi – gutgelaunt im Kaunertal

Wie viel Spaß hat es dir selbst gemacht, „Sinner Fields“ zu produzieren?

Lass es mich so ausdrücken: Hätte der liebe Herrgott die perfekte Crew aufgestellt, um einen galanten Skistreifen zu produzieren, hätte er mich mit Sicherheit nicht zum Editieren und Koordinieren vor den Laptop gesetzt. Die ewigen Deadlines in der Post-Produktion haben mich hin und wieder an den Rand des Verstandes getrieben. Vor der Cam Ski zu fahren und a weng an Schmarrn zum vazein, geht mir da schon leichter von der Hand. Die Produktion im engen Freundeskreis as simple as it gets durchzuführen, hat das Ganze sehr schmackhaft gemacht. Den ersten eigenen Streifen schließlich in der Vollendung zu sehen und pleasing Feedback zu erhalten, erfüllt einen dann schon mit Stolz.

Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, einen komödiantischen Saisonrückblick zu wagen?

Naja, an sich wollte ich weg vom kurzweiligen Social-Media-Content und mal wieder was Greifbares machen. Ich hatte eine Menge Ideen, wie ich eine interessant-unterhaltsame Story aufbauen könnte. Viel zu spät in der Saison habe ich dann aber gemerkt, dass ich zum Schauspielern einfach nicht gemacht bin. Da ich vom bayerischen Grant auch privat schon immer sehr angetan war, war das die einzige Rolle, in der ich mich selbst wohl fühle. Es hat mich trotzdem einiges an Überwindung gekostet, mich so vor die Kamera zu stellen – last minute ist es mir aber als die einzig durchführbare Storyline erschienen und auch als etwas, was ich mir selbst gerne anschauen würde. Außerdem ist es etwas, was ich in dieser Form noch nicht gesehen habe.

Wie waren die ersten Reaktionen deiner Freunde und Kollegen auf diesen ungewöhnlichen Film?

Überraschend gut! Es war mir anfangs schon fast peinlich, die ersten Story-Takes ein paar Kollegen zu zeigen. Das Feedback war jedoch ganz klar: „Mach das, das ist geil!“ Sie gaben mir das nötige Selbstbewusstsein, das Ganze auf diese Art in Angriff zu nehmen. Angesichts meiner bisherigen Laufbahn als Freerider, der seine Persönlichkeit eher spärlich in seine Projekte einfließen ließ, war das schon ein ganz schöner Schritt. Das Go meiner Kollegen hat mir den Mut gegeben, mich als Profi-Skifahrer auf einer solch persönlichen Ebene neu zu erfinden.

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Bist du privat auch eher auf der lustigen Seite unterwegs?

Naja, wie man sieht, kann ich auch ganz schön zwider sein. Insgesamt steh ich aber eher auf der lustigen Seite. Schmäh und Witz, vor allem auf bayerisch, haben es mir schon immer angetan. Trotzdem würde ich mich jetzt nicht als Allzeit-Gaudischwammerl bezeichnen. Alles zu seiner Zeit eben.

Wie hat für dich alles begonnen? Wie bist du zum Freeriden gekommen?

Da bin ich den ganz klassischen Weg gegangen: Schuss-Pisten-Straightlinen in jungen Jahren und ein paar Jahre Stangerl fahren im früh-jugendlichen Alter. Relativ schnell habe ich dann aber gemerkt, dass Hupfen eigentlich der Hammer ist. Also war ich ein, zwei Winter mit meinen Race-Latten auf den Kickern im Park unterwegs und hab‘ dort erste Flugmeilen gesammelt. Auch die fluffig weiße Materie neben den Pisten erschien vermehrt interessant. Als ich dann vom Lift aus einen der ersten Freerider mit breiten Latten über einen frisch eingeschneiten Baumstamm-Pillow senden gesehen habe, ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen: Das ist es, was ich machen will! Ein paar Tage später ist der 15 Zentimeter breite K2 Hellbent vor meiner Tür gestanden – die wahrscheinlich beste Investition meines Lebens. 2008 war das, wenn ich mich nicht irre. Die guten Powder-Tage, die ich seither verpasst habe, lassen sich womöglich an zwei bis drei Händen abzählen. In der Schule zumindest, hat man mich bei Neuschnee und Bluebird nicht angetroffen.

Wo bist du – wenn der Powder passt – am liebsten unterwegs?

Dahoam is doch am schönsten! Oder halt zumindest da, wo der Hubsi steht (Anm.: Bernhards Wohnmobil). Am wohlsten fühlt er sich im Kaunertal und das hat auch seine Gründe: Es ist mein Ort des Friedens und der grenzenlosen Freiheit. Bei schönem Wetter finde ich hier einfach immer was, um mein Powder-Herz zu beglücken. Das Gelände hält für alle Bedingungen etwas bereit, und dort kenne ich einfach jeden Winkel. Schlechtwetter-Deep-Pow und Tree-Runs-Tage hole ich mir aber am liebsten in Vorarlberg ab. Auch dort kenne ich mich in den Wäldern sehr gut aus und finde immer meine Firstlines.

Ohja, freilich gibt’s in „Sinner Fields“ auch lässige Powder-Action

Welche Pläne hast du für den kommenden Winter?

Da zu sein, wo die Conditions am besten sind. Außerdem möchte ich etwas an meiner englischen Aussprache feilen – damit man mich eines Tages auch nördlich des Weißwurst-Äquators zu verstehen vermag. Natürlich werde ich wieder an einem Filmprojekt und auch an einem Printmedium arbeiten. Allzu viel kann ich dazu leider aber noch nicht verraten. Die Motivation ist jedenfalls hoch!

Skifahrerisch möchte ich mich wieder mehr auf Big-Mountain-Lines konzentrieren. Es ist für mich einfach die Königsdisziplin des Freeridens mit dem größten persönlichen Reward. Natürlich setzt das Ganze einen halbwegs vernünftigen Aufbau der Schneedecke voraus. Von dem her, Daumen drücken!

Zum Schluss: Wie wichtig ist so eine erfrischende Hoibe nach einem feinen Tagerl im Gelände?

Je feiner das Tagerl, desto erfrischender de Hoibe. Mit seinen Buddys auf einen erfolgreichen Skitag anzustoßen, hat einfach was! Ich möchte aber nicht den Eindruck erwecken, dass ich dem Hopfen hoffnungslos verfallen bin. An und für sich war ich nie so der begnadete Bier-Fanat. Manche Dinge passen jedoch 1A zusammen. Das ist ungefähr so wie beim Kaiserschmarren und dem Apfelmus …

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